Frühlingsneuigkeiten 2024

Pünktlich zum Frühlingsanfang entfaltet dieses Jahr die „Frühjahrsbraut“ auf unserer Streuobstwiese ihre weißen festlichen Blüten. Bei dieser Braut handelt es sich um einen Mirabellenbaum, der jedes Jahr mit seiner Blütenpracht alle anderen Bäume überstrahlt, auch wenn seine spätsommerlichen Früchte eher sauer sind.  Schon seit Anfang Februar hält der Frühling ziemlich festlich bei uns Einzug: den Anfang macht das Schneeglöckchenfeld am Waldrand – sobald der Wind die Glöckchen schaukelt, meint man sie sanft klingeln zu hören… dann erblühen die Krokusse unter unserer Blutbuche im Vorhof, gefolgt von den Winterlingen und Leberblümchen im Innenhof. Der Frühling ist ja überall im ganzen Land früh gekommen dieses Jahr, dabei kann man bei uns nicht behaupten, dass der Winter ausgefallen wäre.

Pünktlich zum Adventszauber, unserem großen Weihnachtsmarkt am 1. Advent, war unser Schloss in Eis und Schnee gehüllt, was für eine unglaublich schöne Atmosphäre sorgte, auch wenn es uns vor mannigfaltige logistische Herausforderungen stellte… An einem auch sehr kalten Tag im darauffolgenden Januar haben wir in einem langen Plenum eine Entscheidung gefällt, für die wir sehr lange gebraucht haben und das Ergebnis von intensiver und konstruktiver Auseinandersetzung war: wir haben uns dazu entschieden, rund um unsere Waldwiese mit dem schönen Namen „Fiedel“ alle absterbenden Buchen zu fällen, damit wir uns in diesem Bereich wieder im Wald aufhalten können.

Viele von euch, die schon mal bei uns waren, wissen, dass wir auf einem Berg leben, der aus Kalkplatten und Kalkschotter besteht und nur dünn mit Humus überzogen ist. Wenn es bei uns trocken wird, wird es schnell seeeehhhr trocken. Die Wiesen bei uns sehen dann aus wie abgestorben. Die Obstbäume, die vor hundert Jahren hier erstmalig gepflanzt wurden und die wir in den letzten Jahren nachgepflanzt haben, haben es durch die letzten trockenen und heißen Jahre sehr schwer bei uns. Genauso die Buchen im umliegenden Wald: sie haben nicht viel Erdreich zum Wurzeln und wenn der Regen wie in den letzten Sommern ausbleibt, haben die Buchen an unserem Standort wenig, mit dem sie das abferdern können. Die Trockenheit hat diese zum Teil richtig mächtigen Bäume so geschwächt, dass sich ein Pilz – die Weissfäule – in den Stämmen ausgebreitet hat. Von aussen zunächst nur durch dünner werdende Kronen und weniger Blattmasse zu erkennen, schält sich schliesslich langsam die Rinde von den Stämmen ab, während das harte Buchenholz im Inneren sich durch den Pilzbefall zu einer morschen Masse entwickelt, die man mit der Hand zerkrümeln kann. Das hat zur Folge, dass von diesen Bäumen ganz ohne Windeinwirkung große Äste oder die ganze Krone plötzlich ohne Vorwarnung abbrechen können. Spielen, Sitzen, Klettern, Verweilen im Wald wird dadurch zu einer potentiell lebensgefährlichen Angelegenheit. Wir haben es in den letzten Jahren öfters erlebt, dass es plötzlich auch bei Windstille im Wald gerumst hat, weil dicke Äste oder Kronenteile ganz plötzlich abgebrochen sind.

Die Entscheidung, die wir im Januar gefällt haben (und hier passt das Wort „fällen“ tatsächlich ausgezeichnet), ist eine dieser gemeinschaftlichen Entscheidungen, die jahrelang gebraucht haben. Unterschiedliche Philosophien, wie mit dem Wald und den einzelnen Bäumen umgegangen werden soll, welche Rolle wir als Menschen einnehmen sollen, trafen hier aufeinander – erst mal unvereinbar. Es ist auch wirklich schwierig auf diese Frage eine eindeutige Antwort zu finden: was bedeutet es, einen Wald möglichst gut zu hüten? Heisst es, den Wald möglichst unangetastet zu lassen, die absterbenden Bäume langsam absterben lassen, damit wertvolle Biotope zu schaffen, der Natur ihren eigenen Lauf zu lassen, auch wenn das bedeutet, dass wir Menschen uns nicht mehr in diesem Wald aufhalten können, weil das Risiko zu groß ist? Eine durchaus legitime Definition von „Hüter des Waldes“. Vielen von uns ist es gleichzeitig auch sehr wichtig, Plätze für Naturerfahrung und Waldverbindung zu schaffen und zu erhalten – für unseren Waldkindergarten, für andere Gruppen und Einzelpersonen und auch für uns selber. Auch in dieser Rolle kann man sich als „Hüter des Waldes“ fühlen, nur sind die Konsequenzen gänzlich unterschiedlich und liegen ganz schön weit auseinander. Uns ist es gelungen, diese unterschiedlichen Positionen zusammen zu führen und eine Lösung zu finden, die von allen getragen werden konnte und auch noch praktisch umsetzbar war.

Solche Entscheidungen fallen nicht von alleine. Wir haben einige Themen in unserer Gemeinschaft, wo solche auf den ersten Blick unvereinbaren Positionen zu jahrelangem Stillstand, sogar zu Lähmung führen. Nur wenn sich einzelne Menschen wirklich darum kümmern, dass der Prozess voran geht, sich alle wirklich gegenseitig hören und dann aufeinander zugehen können, dann kann es auch bei schwierigen Themen Bewegung geben. Doch dafür braucht es viel Engagement und Dranbleiben. Das schaffen wir nicht immer bei allen Themen – umso schöner und mutmachender, wenn es gelingt.

Unser Beschluss zu den Baumfällungen ist einer der Beschlüsse, die eine sehr lange Reifezeit hatten und dann umso schneller in die Tat umgesetzt wurden: noch am selben Nachmittag hat Tibor, der junge Mann, der sich bei uns um die Fällarbeiten kümmert, die idealen Arbeitsbedingungen mit dem steinhart gefrorenen Boden genutzt und mit dem Sägen angefangen. Das Ergebnis ist, tja, auf den ersten Blick total „krass“ – da kann man kaum ein anderes Wort für finden. Das Waldareal sieht sehr verändert aus, jetzt, wo die größten Bäume, unsere „Urwaldriesen“ gefallen sind. Wenn man den Blick nach oben schweifen lässt ist da erst mal ein erschreckend freier Blick in den Himmel. Viele von uns haben da schon erst mal geschluckt. Jetzt geht es darum, dieses Waldareal neu zu gestalten, mit Zonen, in denen sich der Baumnachwuchs ungestört entfalten kann (kleine Elsbeeren, Eichen, Kiefern und Linden warten schon auf ihre Chance und auch unzählige Buchenkinder wollen das Abenteuer „wachsen auf Kalkschotter in Zeiten der zunehmenden Extremwetterlagen“ noch ein weiteres mal versuchen) und mit Zonen, die zum Verweilen und Spielen gedacht sind. Einen der größten Stämme lassen wir im Wald liegen, als eine sich langsam zersetzende Erinnerung (und natürlich auch Lebensraum für unzählige Tierchen). Und ein Baumstumpf wollen wir zu einer Art Altar umgestalten, zu dem diejenigen von uns, die so etwas gerne machen, kleine Gaben an den Wald und die Bäume bringen können.

Ausblick auf die kommenden Monate

Mit den ersten Frühlingsstrahlen erwacht auch der Ort hier mehr mehr und mehr zum Leben. Seit Anfang März hat unser Cafe „hier&jetzt“ wieder jeden Samstag und Sonntag von 11.00 bis 17.00 geöffnet. Neben Kaffee, Kuchen und anderen Leckereien, gibt es ein kleines Veranstaltungsprogramm von Führungen über Nähcafes bishin zum monatlichen Dorfkino. Gleich an erstem März-Wochenende war das Café sehr gut besucht und die Kino-Reihe begann mit dem sehr bewegenden Film „Hallelujah“ über den Sänger und Songwriter Leonard Cohen. Das gesamte Programm findet ihr hier.

Für alle, die Lust haben unsere Gemeinschaft besser kennen zu lernen, bieten wir auch in diesem Jahr zwei Schnupperwochen an, eine im Juni und eine im Oktober. Meldet euch bei Interesse gerne jetzt schon an unter kultur@schloss-tonndorf.de, Betreff Schnupperwoche.

Darüber hinaus gibt es wieder zahlreiche spannende Seminare. Neben Angeboten aus unseren eigenen Reihen, wie zum Beispiel den Heilpflanzenseminaren der Artemisia HeilpflanzenschuleTanz- und Wildniswochenenden, und der Kinderkunstwoche Klangteppich, kommen in den nächsten Monaten auch einige besondere LehrerInnen von ausserhalb zu uns. So nehmen im April Ursula Seghezzi und Doro Barall vom Uma Institut die TeilnehmerInnen des Seminars „Lebensreise“ mit auf „eine heilsame Reise ins Land der Frau Holle und durch die Phasen des menschlichen Lebens.“.

Und im Juli freuen wir uns auf ein mehrtägiges Seminar von Tamarack Song und Lety Seibel, die bereits das dritte Jahr in Folge von der Teaching Drum Outdoor School zu uns kommen, dieses Mal mit dem Thema „Whispers of the Ancients – Das Flüstern der Ahnen“.

Damit verabschieden wir uns für heute und wünschen euch allen eine wunderschöne Frühlingszeit – mit ausreichend Muße, um dem Flüstern der Ahninnen und Ahnen, dem Flüstern der Blüten und Blumen und dem Flüstern des Windes zu lauschen. Christiana Schuler und Sina Postma (für die Lebensgemeinschaft auf Schloss Tonndorf)


Hügel